Pandemiejahre 2020/21 - Teil 5: Tagesaktuelle Protokolle
- titanja1504
- 8. Dez. 2022
- 23 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 18. Juni 2023
(DE) In diesem Teil meiner Pandemie-Erfahrungen möchte ich mehr oder weniger tagesaktuell ab dem 18. November 2021 von den Ereignissen und Vorgängen berichten, die mich bewegen. Und ich möchte meine persönliche Sicht darauf als Zeitgenossin dokumentieren.
18. November 2021:
An diesem 18. November 2021 hat Deutschland gerade keine Regierung. Die zukünftige Regierungskoalition (Ampelkoalition genannt wegen Rot-Gelb-Grün), bestehend aus SPD (rot), Grünen und FDP (gelb), ist noch dabei einen Koalitionsvertrag auszuhandeln. Die Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Kabinett aus Vertretern der CDU, CSU und SPD, darunter auch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU), sind nur noch geschäftsführend tätig.
Das Pandemiegeschehen eskaliert seit Wochen, ohne dass Maßnahmen ergriffen worden wären, obwohl Virologen und Mediziner seit Monaten das prophezeiten, was gerade zu beobachten ist.
Die Infektionszahlen in Deutschland steigen in nie gekannte schwindelnde Höhen.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) meldet 65 371 neu positiv getestete Personen binnen 24 Stunden. Die Sieben-Tage-Inzidenz beträgt nun 336,9. Es gibt weitere 264 Tote im Zusammenhang mit dem Virus. Die Zahl der Todesfälle erhöht sich damit auf 98 538.
Es gibt noch eine Maßeinheit, die das Geschehen in der Pandemie widerspiegelt und Anlass für Maßnahmen sein sollte: Die Hospitalisierung!
Das RKI meldete am 17. November als Indikator die Zahl 5,15 (Zahl der in Kliniken aufgenommenen Corona-Patienten je 100 000 Einwohner innerhalb von sieben Tagen). Die Hospitalisierungs-Inzidenz ist wegen der regionalen Unterschiede in Deutschland nur regional von Bedeutung. Der Höchstwert um Weihnachten 2020 betrug 15,5. Aktuell liegt er im Bundesland Thüringen bei 18,6. (Quelle: RKI, SZ)
Es findet heute ein Corona-Gipfel von Bund und Ländern statt, wie wir das aus der Zeit von Herbst 2020 bis Frühsommer 2021 zur Genüge kennen. Die Ministerpräsidenten der Bundesländer handeln gemeinsam mit der Bundeskanzlerin mehr oder weniger einheitliche Regelungen zur Eindämmung der Pandemie aus. Die Einheitlichkeit ging in der Vergangenheit zumeist flöten, da jeder MP (Ministerpräsident) sich für seine Partei stark machen wollte. Es war Wahlkampfzeit!
Einige der MPs fordern bundesweit 2-G, was heißt, dass nur Geimpfte oder Genesene Zugang zu Restaurants, bestimmten Geschäften und Veranstaltungen haben würden. In Bahnen und Bussen solle 3-G (Geimpft-Genesen-Getestet) gelten. Keiner weiß, wer das wie und wo kontrollieren könnte. Warten wir mal ab, was beschlossen wird.
Aber nicht nur die MPs wollen heute den Kampf gegen die Pandemie aufnehmen. Auch die Ampel-Koalition in spe stellt heute dem Bundestag ein modifiziertes Infektionsschutzgesetz vor, das die am 25. November 2021 auslaufende „epidemische Notlage nationaler Tragweite“ ablösen soll. Man wolle, so die Koalitionäre, die Gesetzgebung von der Exekutive (Regierung) wieder in die Hände der Legislative (Parlament) legen.
Interessant ist, dass die Unionsparteien (CDU/CSU), die gerade ihr Image als Opposition aufbauen, angekündigt haben, dieses Gesetz vermutlich im Bundesrat (Gremium der Bundesländer) zu blockieren. Es gehe ihnen nicht weit genug, sei also nicht angemessen für die Lage in Deutschland. Der bayerische MP Markus Söder und der NRW-MP Hendrik Wüst profilieren sich gerade als CDU/CSU-Hardliner. Mal sehen, was geschieht. Ich möchte nur noch anmerken, dass Grüne und FDP die Maßnahmen der Großen Koalition in der Krise mitgetragen haben, auch wenn sie nicht hundertprozentig übereinstimmten. Ich frage mich, ob die Unionsparteien in erster Linie ihr Profil schärfen wollen oder das Wohl des Landes im Auge haben. Man wird es an ihrem Verhalten in den Tagen und Wochen dieser neuen alten Krise ablesen können.
Unser Leben, also das der Bürgerinnen und Bürger, wird aber sowieso gerade wieder eingeschränkt, denn die Kommunen denken pragmatisch. Weihnachtsmärkte, die teilweise schon aufgebaut worden sind, werden abgesagt. Die Impfzentren werden wieder hochgefahren, denn Boosterimpfungen wurden von der Stiko (Ständige Impfkommission) ab dem 5. Monat nach der vollständigen Impfung empfohlen. Aber die Menschen stehen schon längst Schlange, Empfehlung hin oder her. Selbstverständlich weiß derzeit niemand, wie das alles organisiert werden soll, aber wenigstens haben wir genügend Impfstoff. Angeblich!
In der Öffentlichkeit wird die Impfpflicht mindestens für Pflegekräfte und die Lehrerschaft diskutiert. Viele plädieren für eine allgemeine Impfpflicht, denn es zeigt sich, dass in den Regionen mit den Inzidenzen über 1000 meist nur gut 50 Prozent der Bevölkerung geimpft sind.
90 Prozent der Corona-Kranken auf den Intensivstationen seien ungeimpft, kann man überall lesen und hören. Es wird von einer Pandemie der Ungeimpften gesprochen. Die Wut der Geimpften auf die Ungeimpften ist groß.
Manchmal habe ich das Bild von regelrechten Kämpfen zwischen Geimpften und Impfgegnern vor Augen. Ich hoffe mal, dass das übertrieben ist.
Morgen kann ich hoffentlich über die Beschlüsse der mächtigsten Gremien Deutschlands berichten. Was sagen der Bundestag und die Ministerpräsidenten mit der Noch-Kanzlerin?!
19. November 2021:
Der Präsident des Robert-Koch-Instituts rechnet in einem Interview den Deutschen vor, wie die Lage derzeit konkret aussieht: Von den gut 50 000 aktuellen Neuinfektionen würden 3000 in Krankenhäusern landen und 400 sterben. Dies werde sich täglich wiederholen, bis zu dem Zeitpunkt, da das Infektionsgeschehen eben abflaut. Er bemüht ein drastisches Bild, um zu verdeutlichen, dass daran nichts mehr zu ändern sei. Das Wasser des Eimers sei ausgeschüttet und könne nicht mehr zurückgefüllt werden. Lediglich die mittelfristige Zukunft liege noch in der Hand der Menschen und selbstverständlich auch in der Hand der Politiker.
Bitter beklagt er, dass alle Warnungen, die bereits im Juli vom RKI und von anderen Wissenschaftlern ausgesprochen worden waren, von der Politik in den Wind geschlagen wurden. Warum auch immer!? Politik und Gesellschaft wurden auf der Basis von Impfquote (65 %) und Öffnungen Szenarien vorgestellt, die recht exakt die reale Entwicklung des Infektionsgeschehens wie auch der Belastung der Intensivstationen vorhersagten. Grafiken, im Sommer erstellt, weichen nur minimal von den aktuellen Grafiken ab. (Quelle: SZ)
Ich muss sagen, dass ich als ganz normale Zeitungsleserin und Konsumentin von Fernseh-Reportagen und Nachrichten von diesen Prognosen gehört und gelesen habe. Dass ich mich wirklich die ganze Zeit fragte, wieso keine Konferenzen, keine Vorschläge für Maßnahmen und dergleichen mehr stattfanden. Und wie viele Wissenschaftler und Journalisten werfe ich den verantwortlichen Politikern vor, dass sie Chancen vertan haben. Schon wieder! Das ist unverzeihlich! Ich frage mich, worin die gewählten Volksvertreter eigentlich ihre Hauptaufgabe sehen! In der Imagepflege für sich und ihre Partei? In der Ausrichtung auf Zustimmungswerte in ihrem Handeln?
Jetzt, da es für viele Menschen zu spät ist, wird über Maßnahmen beraten und Beschlüsse gefasst, deren Umsetzung sich teilweise hinziehen kann und somit noch mehr Zeit verloren geht.
Aber was haben nun gestern der Bundestag und die Teilnehmer der Ministerpräsidentenkonferenz beschlossen?
Der Maßnahmenkatalog der Corona-Konferenz von Bund und Ländern sieht vor, dass sich die Länder flächendeckend an der Hospitalisierungsinzidenz orientieren sollen:
Inzidenz von 3 führt zu 2-G-Regel;
Inzidenze von 6 führt zu 2-G+ (Auch Geimpfte und Getestete müssen sich in sensiblen Bereichen vorher testen lassen.)
Inzidenz von 9 führt zu weiter gehenden Maßnahmen wie z. B. Kontaktbeschränkungen.
Wir in Bayern haben bereits eine Krankenhaus-Inzidenz von 9,15 erreicht und haben also erheblich mehr Einschränkungen zu erwarten. Der Maßnahmenkatalog sieht am heutigen Freitag folgendermaßen aus:
Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte; 2-G auch für körpernahe Dienstleistungen wie Frisöre; keine 2-G-Beschränkung für den Handel, aber Begrenzung der Personenzahl; 2-G+ für alle Kultur- und Sportveranstaltungen; Zuschauerbegrenzung auf 25 Prozent; Sperrstunde ab 22 Uhr sowie Schließung von Diskotheken, Bars und Verbot aller Weihnachtsmärkte.
In den oberbayerischen Hotspots mit einer 7-Tage-Inzidenz von 1000 werden zudem Gaststätten, Sport- und Kulturstätten komplett geschlossen und Veranstaltungen generell untersagt.
Die Maskenpflicht existiert immer und überall, außer natürlich in privaten Räumen.
Aber zurück zu den Beschlüssen der Ministerpräsidenten:
Auch auf eine Impfpflicht für Mitarbeiter in Pflegeeinrichtungen soll erwirkt werden. Das aber, muss der Bundestag beschließen, liegt also nicht in der Hand der Ministerpräsidenten.
Auch die Auszahlung eines Bonus bedarf noch der Absprache mit dem Bund. In Alten- und Pflegeheimen sind tägliche Tests vorgesehen, unabhängig vom Impfstatus.
Der Bund verspricht bis Mai 2022 die Impfzentren finanziell zu unterstützen, denn zusätzlich zu den Auffrischungsimpfungen hoffe man, auch die Erstimpfungen für Kinder ausweiten zu können.
Im öffentlichen Nahverkehr soll die 3-G-Regel gelten, deren Einhaltung verstärkt kontrolliert werden soll.
Wie ich heute in den Medien lese, steigt die Zahl der Erstimpfungen in diesen Tagen stark an. Und das macht mich, ehrlich gesagt, nun wirklich sehr wütend.
Es war offensichtlich bei vielen Leuten nicht einmal Überzeugung, wieso sie sich nicht impfen ließen, sondern einfach Bequemlichkeit und Gleichgültigkeit oder auch Unfähigkeit.
Ich habe mit einer Freundin immer wieder eine hitzige Diskussion darüber, ob der Staat gegenüber diesen Menschen eben versagt habe. Sie meint, wenn jeder eine SMS bekommen hätte, ähnlich wie in Spanien, mit Impftermin und -Ort, wäre eine viel höhere Impfquote erreicht worden. Ich hingegen kann nicht glauben, dass man die für eine Demokratie so notwendigen mündigen Bürgerinnen und Bürger derart gängeln und pampern müsste.
Und auch im Bundestag und im Bundesrat tat sich was. Die Regierungskoaltion in spe (SPD,Grüne,FDP) brachten ein neues Infektionsschutzgesetz auf den Weg, das in etwa den Beschlüssen der Ministerpräsidenten ähnelt. Auffallend ist jedoch die Regelung der Arbeitswelt.
Generell gilt 3-G am Arbeitsplatz für all diejenigen, die Außenkontakte haben. Ungeimpfte müssen jeden Tag einen Test vorlegen und der Arbeitgeber muss das kontrollieren. Bei einer Weigerung kann Homeoffice angeordnet werden oder Freistellung ohne Lohnfortzahlung. Sogar eine Kündigung wäre möglich. Homeoffice sollte, wenn immer möglich, erlaubt werden.
Die „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ wird nach dem 25. November nicht mehr fortgeschrieben.
Das bedeutet, dass die Länder nicht mehr so weitreichende Maßnahmen wie etwa Ausgangssperren und eine generelle Schließung von Restaurants und Schulen beschließen können. Dies sei aufgrund der 67 Prozent geimpfter Bürgerinnen und Bürger rechtlich nicht haltbar, so die Ampel-Koalition im Bundestag.
Bundestag und Bundesrat haben, nach anfänglichen Profilierungs-Diskussionen mit CDU/CSU, diesem Gesetz zugestimmt.
Ich bezweifle stark, dass diese Maßnahmen als Bremse für das Corona-Gefährt, das mit 300 km/h oder sogar mehr fährt, dienen kann. Vor zwei Monaten, wäre das vielleicht noch gelungen.
Und eine andere Sache macht mich noch misstrauisch. Die Ministerpräsidenten wollen in ein paar Wochen bei einem weiteren Treffen überprüfen, ob die Maßnahmen Wirkung gezeigt hätten.
Ja das hatten wir doch alles schon! Herbst und Winter 2020! Und da waren die Infektionszahlen geringer als heute! Haben die denn alle kein Erinnerungsvermögen?! Es gibt Begriffe und Szenen für das, was ich dabei empfinde: Déj`a-vu oder „The same procedure as every year…“
Österreich hat einen kompletten Lockdown beschlossen und will die generelle Impfpflicht einführen. Ist das die bessere Option? Irgendwie bin ich neidisch.
20. November 2021
Lothar Wieler, der Chef des RKI, warnt vor einer fünften Welle, noch bevor diese vierte Welle ihren Zenit überschritten hat. Die nicht so stark betroffenen Bundesländer im Norden und Westen könnten durch Kontaktbeschränkungen vorbeugend tätig sein, empfiehlt er dringend. Generell sollten keine Feiern und Veranstaltungen mit vielen Personen in Innenräumen stattfinden. Diese Maßnahmen würden sich dann langsam auf das aktuelle Infektionsgeschehen auswirken.
Wirklich sinnvoll aber sei eine Impfquote von 85 Prozent, bei über 60-Jährigen sogar von 90 Prozent.
Ich habe heute wieder Leserkommentare in der SZ gelesen und mich auch an der Diskussion beteiligt. Mir scheint, als ob viele Leute, von den Journalisten und Moderatoren in den Medien bis hin zu Leuten in meinem persönlichen Umfeld, stinksauer sind. Man hat den Eindruck, dass die Szene der Impfgegner und Querdenker das Geschehen beherrscht, obwohl es sich ja nur um eine Minderheit handelt.
Die Mehrheit scheint aber irgendwie keine Stimme zu haben. Es gibt Querdenker-Demos, aber keine Impfbefürworter- oder Anti-Impfgegner-Demos.
Wirklich erfreulich ist, dass die Menschen diesmal schneller als die Politik waren und sich schon für Booster-Impfungen eingetragen, angemeldet oder angestellt haben, als von Seiten der Politiker noch keine klare Ansage gekommen war. Der Wille der Menschen suchte sich wie Wasser seinen Weg zu irgendwelchen Impfstationen. Und das ist derzeit nicht einfach, da Impfzentren geschlossen worden waren, Hausärzte natürlich nur begrenzte Kapazitäten haben und man daher echt hartnäckig suchen muss. Aber die Menschen scheinen lernfähig zu sein, zumindest der impfwillige Teil.
Gut so! Tut, was euch euere Vernunft sagt! Informiert euch bei den Medizinern, die in den Medien auftreten und die die Zusammenhänge meist wunderbar verständlich erklären! Fast möchte ich auch sagen: Geht auch auf die Straße und fordert Entschuldigungen und Rücktritte der Politiker, die das rechtzeitige Eingreifen versäumt haben! Sie hätten es besser und vor allem vorher wissen können!
Warum setzt sich eigentlich niemand an die Spitze der Impfbewegung bzw. gestaltet so eine Bewegung?
21. November 2021
Seit heute morgen 09:15 Uhr bin ich geboostert, habe also meine Auffrischungsimpfung erhalten. Es ist eine große Erleichterung, denn meine zweite Impfung liegt fünf Monate zurück und die Mediziner wie auch die BionTech-Erfinder räumen ein, dass der Impfschutz besonders bei älteren Menschen stark nachlässt (von 90 auf 40 oder sogar 20 Prozent sinken kann).
In Bayern, wo ich lebe, beträgt die 7-Tage-Inzidenz heute 639 und die Intensivstationen haben keine Kapazitäten mehr. Da will man nicht krank werden.
Also nutzte ich das Angebot von Stadt und Landkreis Hof, mich bei einer Impfstation anzustellen und ohne Termin geboostert zu werden. Um 8 Uhr sollte die Impfstation öffnen und ich kam mir schlau vor, indem ich um 07:30 Uhr schon vor der Tür stehen wollte. Ich erwartete, dann keine Wartezeit zu haben und auf jeden Fall meine Impfung zu bekommen, bevor der Impfstoff ausginge.
Dies zeigt die halbe Warteschlange noch vor der Öffnung der Impfstation in Hof.
So schlau waren viele. Als ich ankam, wartete bereits eine Schlange quer über den riesigen Parkplatz der Freiheitshalle, über eine kleine Straße hinauf zur großen Zufahrtsstraße und diese auch noch etliche Meter entlang.
Nach einer Stunde und zwanzig Minuten Wartezeit und einigen Gesprächen mit den anderen Wartenden erhielt ich den Piks. Aus den Gesprächen der Umstehenden war deutlich zu hören, dass man die zögerliche Politik unverzeihlich finde, dass aufgrund des Wahlkampfes und der darauf folgenden Regierungslosigkeit verantwortungslose Tatenlosigkeit geherrscht habe und außerdem die Impfgegner oder auch Gleichgültigen uns allen dieses Fiasko eingebrockt hätten. Die Geimpften blickten nicht sehr freundlich zum Eingang zur Erstimpfung.
Es gab nämlich einen extra Eingang für die Erstimpfungen. An diesem Eingang bildete sich keine Schlange. Nur vereinzelt tröpfelten etwas verschämt ein paar Leutchen hinein.
Ich denke, dass nun die Medien, die durchaus sehr kritisch über Imfpstoffe und Nebenwirkungen und Gefahren berichtet hatten, auch entsprechend über die Meinungsäußerung der Mehrheit berichten sollten. Die Menschen strömen in Massen zu den Auffrischungsimpfungen und demonstrieren damit indirekt für den Schutz durch Impfung. Könnte man ja auch so sehen.
Da Politiker immer auf Zustimmung schielen, könnte das Druck machen.
26. November 2021
Vor zwei Tagen stellte die Ampel-Koalition ihren Koalitionsvertrag vor und informierte über das Maßnahmenpaket im Zuge der Corona-Bekämpfung.
Am 25. November war ja die „epidemische Notlage von nationaler Tragweite“ ausgelaufen, da sich die neue Regierungskoalition (Ampel) nicht dazu durchringen mochte, sie zu verlängern.
Um zu verstehen, was das bedeutet, möchte ich an dieser Stelle ein Beispiel erzählen, das ich heute im Leserforum der SZ gelesen habe.
Den Pflegekräften eines Pflegeheimes war in einer umfangreichen E-Mail dargelegt worden, dass nun Pflegekräfte und Besucher, unabhängig von ihrem Impfstatus, einen Test vorweisen müssten. Dies werde von einer Security-Firma auch kontrolliert, da man keine Pflegekräfte dafür abstellen könne. Dieses Pflegeheim musste aber feststellen, dass der Security-Markt leergefegt ist. Eine andere Idee: Kräfte der Bundeswehr könnten aushelfen? Aber die Bundeswehr untersteht dem Bund und steht daher für Angelegenheiten in den Kommunen und dem Land nicht mehr so unbürokratisch zur Verfügung, wie das durch die epidemische Notlage von nationaler Tragweite möglich gewesen wäre. Der Teufel steckt wie so oft im Detail. Andererseits fliegt nun erstmals die Bundeswehr Intensivpatienten von Hotspot-Bundesländer in noch weniger belastete Länder.
Die 7-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner beträgt in ganz Deutschland ja momentan 438,2, in Bayern 652 und Sachsen ist Spitzenreiter mit über 1074. Die Zahl der Corona-Toten in Deutschland hat die 100 000er Grenze überschritten und es müssen ca. 100 Intensivpatienten kreuz und quer in Deutschland verteilt werden, weil in einzelnen Regionen die Intensivbetten nicht mehr ausreichen.
Also alles in allem eine verheerende Lage zu Beginn des Winters, der ja bekanntlich noch mindestens 3 Monate dauert und eigentlich kann man in unseren Breiten damit rechnen, dass der Aufenthalt in Innenräumen in den nächsten fünf bis sechs Monaten angenehmer sein wird als draußen.
Die Ampel-Koalition hat gute Ideen, die langfristig für ein planvolleres Umgehen mit der Pandemie oder mit zukünftigen Pandemien sorgen werden. Es soll im Bundeskanzleramt einen ständigen Bund-Länder-Krisenstab geben. Außerdem will die zukünftige Regierung ein Expertengremium einrichten, in dem Experten diverser Disziplinen (Mediziner, Virologen, Sozialwissenschaftler usw.) zusammenarbeiten, um die Regierung „ganzheitlich“ beraten zu können. Das macht Sinn. Wenn das Gesundheitsministerium beispielsweise nicht mehr die medizinischen, sozialen, wirtschaftlichen, gesellschaftlichen, psychologischen Aspekte selbst zusammenfügen muss, sondern die Abwägung bereits unter Fachleuten stattgefunden hat, dann wäre das ein großer Erkenntnisgewinn und könnte für schnelleres und durchdachteres Handeln sorgen.
Aber wie soll man die Probleme lösen, die jetzt existieren und täglich größer werden? Selbst das Impfen wirkt erst mittelfristig.
Experten und allen voran die Oppositionsparteien CDU/CSU scheinen, befreit von der Regierungsverantwortung im Bund, richtig radikal geworden zu sein. Impfpflicht für alle ab 01. Januar 2022 fordert Markus Söder (MP Bayern) und viel strengere Maßnahmen (Kontaktbeschränkungen, Lockdown…). Man habe keine 10 Minuten mehr Zeit, um etwas zu unternehmen, teilte er heute mit. Komisch! Während des ganzen Sommers und auch zu Beginn des Herbstes hatte er durchaus jede Menge Zeit. Menschen mit ausgeprägter Profilorientierung agieren so, Menschen mit Aufgabenorientierung hätten bereits im Sommer auf die Experten gehört und Maßnahmen getroffen.
Am Horizont, genauer gesagt in Südafrika, ist in den letzten Tagen eine neue Virus-Variante aufgetaucht, Omikron-Variante genannt, die so viele Mutationen entwickelt, dass die Impfstoffe gestresst sind und nicht mehr so gut abwehren können. Also das ist jetzt die Kurzfassung dessen, was bisher an Informationen in den Medien zu finden war.
Es ist, glaube ich, gerade kein guter Zeitpunkt Entscheidungen zu vertagen, wie das momentan in Deutschland gemacht wird. Wieso ist dieses Land so träge?! Ich bin müde. Ich bin verunsichert, weil ich nie weiß, was kurz-, mittel- und langfristig möglich oder eben nicht möglich sein wird. Ich bin deprimiert, weil ich kein Licht am Ende des Tunnels sehe. Immer wenn man meint, jetzt könnte es besser werden, schlägt wieder eine Welle über einem zusammen.
30. November 2021
Das Bundesverfassungsgericht hat heute entschieden, dass die Bundesnotbremse, wie sie vom 21. April bis Juni 2021 praktiziert worden war, verfassungskonform ist.
Diese Bundesnotbremse besagte, dass in Regionen ab einer bestimmten Inzidenz automatisch einen Lockdown mit Ausgangssperre, Kontaktbeschränkungen und Schulschließungen nach sich ziehen würde.
Medienvertreter, Oppositionspolitiker sowie Virologen und Ärzte fordern bereits seit Wochen einen Lockdown, um die vierte Welle zu stoppen. Die Bundeswehr fliegt täglich Corona-Intensivpatienten aus den Hochrisikogebieten Bayern und Sachsen in andere Bundesländer, weil die bayerischen und sächsischen Krankenhäuser keine Plätze mehr frei haben.
Der designierte Kanzler Olaf Scholz (SPD) spricht sich heute nach einer Besprechung mit den Länderchefs für eine allgemeine Impfpflicht zum 01. Februar 2022 aus. Ja super, momentan bemühen sich viele tausend Menschen um eine Auffrischungsimpfung oder um die Erstimpfung. Erfolglos! Es gibt keine Termine bis in den Januar 2022 hinein. An den mobilen Impfstationen, an denen ohne Termin geimpft wird, stehen die Leute stundenlang an, bis der Impfstoff aus ist. Die im Herbst blöderweise geschlossenen Impfzentren könnten rein räumlich durchaus schnell wieder hochgefahren werden, aber das Personal steht nicht mehr zur Verfügung. Pech! Die haben sich andere Arbeitsstellen gesucht. Vom Warten auf die Wiederöffnung kann man ja seine Miete nicht bezahlen. Im Frühling hatte Deutschland Impfgelegenheiten, aber keinen Impfstoff. Dann gab es beides in Hülle und Fülle, aber die Impfwilligen blieben aus. Und nun das! Es wird auch gemunkelt, dass die Tests langsam knapp werden und die Kapazitäten der Labore irgendwann schon auch erschöpft seien. Wer hat eigentlich einen Überblick oder gar einen Plan?
Im Leserforum der SZ streiten sich die Kommentatoren über die Notwendigkeit eines Lockdown. Die Fronten sind verhärtet. Geimpfte sehen nicht ein, dass sie bestraft werden sollen, wo sie doch alles richtig gemacht hätten. Die Impfgegner sehen sowieso nichts ein, weil es ja keinen Grund zur Sorge gebe. Die vorsichtigen und rationalen Geimpften finden es wirklich beschämend für die deutschen Politiker, dass es so weit kommen musste, aber nun helfe halt nur noch ein Lockdown. Alle sind wütend auf die Ungeimpften.
Eine weitere Nachricht ist in juristischer Hinsicht interessant. Impfgegner, die sich einen gelben „Judenstern“ ans Revers heften, auf dem „ungeimpft“ steht, machen sich nun wegen Verharmlosung des Holocaust bzw. Volksverhetzung strafbar. Das ist natürlich Wasser auf deren Mühlen, auch wenn die Gerichte recht haben mit ihrer Entscheidung.
Aus meiner kleinen privaten Vorweihnachtswelt, die ohne Weihnachtsmärkte wirklich nur noch eine lustlose Ich-kauf-halt-ein-Geschenk-für-jeden-bevor-alles-zumacht-Tour ist, beobachte ich die politischen Entscheidungsprozesse und habe nicht einmal mehr Lust darauf, mich aufzuregen. Es macht sich wirklich langsam Hoffnungslosigkeit in mir breit. Wird das jetzt den Rest meines Lebens so weitergehen? Schließungen – Öffnungen – Unsicherheit -Schließungen – Öffnungen….
Immer wieder denke ich daran, dass in Belarus an der Grenze zu Polen und im Ärmelkanal Flüchtlinge sterben. Was in den Lagern der griechischen Inseln derzeit passiert, mag ich mir nicht ausmalen. Zwischen Russland und der Ukraine schaut es nach Säbelrasseln aus, was der NATO durchaus zupass kommt. Südafrika hat die Welt sofort über die neue Corona-Variante in ihrem Land informiert und wird nun zum Dank gemeinsam mit den Nachbarstaaten vom Rest der Welt ohne wenn und aber isoliert. Beim nächsten Mal sagen die nix mehr!
Es gibt unendlich viele Krisen und Baustellen auf dieser Welt. Wir sind derzeit auf die Corona-Pandemie fixiert. Werden wir, wenn sie vorbei ist, uns fragen, wieso wir all die anderen Entwicklungen nicht gesehen haben?
01. Dezember 2021
Heute möchte ich einmal über Szenen berichten, die einen Eindruck vermitteln, wie manche Menschen so ticken.
Ein Kommentator im Leserforum der SZ berichtete, dass in einem Supermarkt eine Frau den Filialleiter darüber informierte, dass sich im Markt eine Person befinde, die eigentlich in Quarantäne sein müsse. Der Supermarktleiter forderte über Lautsprecher die Person, die Quarantäneauflagen unterliege, auf, sich am Ausgang einzufinden. Nicht eine, sondern vier Personen fanden sich ein und hatten sich angesprochen gefühlt.
Man weiß nicht, ob man weinen oder lachen soll.
Ebenso geht es mir, wenn ich Interviews sehe, in denen Menschen auf Intensivstationen gefragt werden, warum sie sich denn nicht hätten impfen lassen. Auch auf ihre Erstimpfung wartende Leute in den Schlangen vor den mobilen Impfstationen werden gefragt, warum sie erst jetzt zur Impfung bereit seien.
Die Antworten machen mich fassungslos. „Naja, ich bin ja jung und gesund“, „Wenn 2-G gilt, dann bin ich ausgegrenzt und ich will feiern“, „Ich hab mich ausschließlich in den sozialen Medien informiert“, „Ich lese keine Zeitung und schaue oder höre auch keine Nachrichten“ usw. Den Vogel schoss eine alte Dame ab, die um ihre Fruchtbarkeit fürchtete. Aber ihr Realitätsverlust ist halt altersbedingt und nicht dumm.
Das alles sind noch keine Querdenker und Verschwörungstheoretiker, sondern Menschen, Bürger, die in diesem Land leben, arbeiten, Verantwortung tragen sollen und wählen gehen. Das muss man sich mal auf der Zunge zergehen lassen!
04. Dezember 2021
In dieser Woche haben die Ministerpräsidenten gemeinsam mit Vertretern der Bundesregierung (Merkel noch, Scholz noch nicht Bundeskanzler/in) getagt, um bundesweite Minimalregeln aufzustellen. Dazu gehört ab kommenden Mittwoche, dass die Ungeimpften nur noch in Geschäfte des täglichen Bedarfs einkaufen dürfen sowie strengen Kontaktbeschränkungen unterliegen. Leider wurden Großveranstaltungen wie Fußballspiele nicht verboten, sondern es wurde nur die Zuschauerzahl begrenzt. Die Länder setzen z. T. auf stärkere Einschränkungen. Die Inzidenzen sind ja auch unterschiedlich.
Das Infektionsgeschehen flaut in München und in Bayern gaaanz langsam ab. Ist aber nach wie vor auf hohem Niveau. Auf Bundesebene „flackern“ die Infektionszahlen und die Inzidenz auf hohem Niveau.
Im Leserforum der SZ habe ich heute einen fürchterlichen Kommentar gelesen. Jemand fragt nach, ob es stimme, dass 45 Prozent der Covid-Schwerkranken in den Intensivstationen Migrationshintergrund hätten. Wenn dem so sei, könne man doch nicht alle Deutschen mit Einschränkungen quälen. Ich habe natürlich meiner Fassungslosigkeit Ausdruck verliehen, aber was, wenn viele Leute so drauf sind?! Ich versteh die Welt nicht mehr. Nicht dass ich sie je gut verstanden hätte, aber ist diese widerwärtige Art von Fremdenfeindlichkeit salonfähig in Deutschland?! Das wühlt mich momentan mehr auf als die Coronalage.
Auch interessant ist ein Bericht in der SZ online. In Sachsens Städten protestieren jeden Montag Querdenker und Konsorten gegen die Einschränkungen. Manchmal seien es ein paar Dutzend, manchmal 200. Dabei verstoßen sie natürlich gegen die Corona-Regeln. Die Polizei lässt diese „Spaziergänge“ der wohl überwiegend Rechten geschehen. Linke haben nun diese Woche eine Gegendemo angemeldet, um zu zeigen, dass das Polizeiaufgebot, wenn Linke beteiligt sind, viel größer ist. Siehe da, es wurden 300 Polizisten herangekarrt. Die Gegendemonstranten kamen zwar nicht, aber sie hatten recht mit ihrer Prognose. (sinngemäß zusammengefasst!)
Mich weht ein Lüftchen Weimarer Republik an, wenn ich so etwas lese.
13. Dezember 2021
Demonstranten gegen die Corona-Beschränkungen in Deutschland haben sich am Wochenende in Städten Sachsens, Thüringens und Baden-Württembergs als recht gewaltbereit erwiesen. In Sachsen hatte vor ca. zwei Wochen eine Querdenker-Gruppe einen Fackelauftritt vor dem Privathaus der sächsischen Gesundheitsministerin organisiert. Die Verfassungsschützer beobachten, dass im Netz Aufrufe zu weiteren Fackel-Märschen die Runde machen. Privatadressen von Politikern werden veröffentlicht. Ja es gibt sogar Mordphantasien Politikerinnen und Politiker betreffend in den sozialen Netzwerken wie beispielsweise Telegram.
Meiner Meinung nach hat das alles nichts mit der Angst vor den Nebenwirkungen der Corona-Impfung zu tun, sondern hier ergreifen Gruppierungen eine Gelegenheit zum politischen Kampf. Ich fürchte, von Fremdenfeindlichkeit bis hin zum Rassismus, von Demokratiefeindlichkeit bis hin zu faschistoidem Gedankengut ist da alles zu finden. Aber woher kommt die Unterstützung? Wer ist Stratege? Woher kommt das Geld? Wer hat ein Interesse an der Verankerung rechten Gedankenguts in der Bevölkerung? Andererseits wird die Protestbewegung in Baden-Württemberg vermutlich von der ehemals links-esoterischen Szene getragen. Haben die beiden Protestbewegungen in den ost- und westdeutschen Bundesländern wirklich nichts gemeinsam, außer die Impffeindlichkeit und das Misstrauen gegenüber der Regierung?
Gleichzeitig sinken die Infektionszahlen langsam, aber kontinuierlich. Dem Personal der Intensivstationen ist damit nicht geholfen. Die Situation bleibt kritisch und alle haben Angst, dass die Triage in den Krankenhäusern notwendig werden würde. Wobei man sagen muss, wenn Tumoroperationen wegen Coronapatienten abgesagt werden, dann findet da jetzt schon eine Auswahl statt, die es nicht geben dürfte.
22. Dezember 2021
Es ist eigentlich eine absurde Situation. Die Infektionszahlen gehen kontinuierlich zurück, aber sowohl die führenden Politiker, allen voran der neue Gesundheitsminister Lauterbach, und die wissenschaftlichen Berater der Regierung, allen voran Lothar Wieler vom RKI (Robert-Koch-Institut), sind panisch. Der Grund? Die Omikron-Variante, die viel ansteckender ist als die bisherigen Corona-Viren und die die Abwehr durch die Impfung teilweise umgehen kann!
Man hat in den Abwässern der Gemeinden gemessen und festgestellt, dass die Menschen von München bis Hof wohl schon mit dem mutierten Virus in Berührung gekommen sind. Das heißt, es gibt viele unerkannte Infektionen. Im Vereinigten Königreich und in den USA hat Omikron wohl schon übernommen und das Problem ist, dass bis zu einem Drittel der Bevölkerung entweder krank oder in Quarantäne sind. Die kritische Infrastruktur (Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, Müllentsorgung, Feuerwehr, Polizei, Fahrer des öffentlichen Nahverkehrs, LKW-Fahrer, Mitarbeiter der Wasserwerke und Energieversorger….) ist nur noch mühsam aufrechtzuerhalten.
Nun haben gestern wieder die Ministerpräsidenten der Bundesländer mit der Bundesregierung getagt und sind zu dem Schluss gekommen, dass die weihnachtlichen Familienfeiern keine Superspreader-Ereignisse seien. Und die Ungeimpften dürfen ja sowieso nur zwei Leute aus einem anderen Haushalt treffen. Großveranstaltungen sind eh nicht mehr erlaubt, was die Fußballfans bestimmt frustriert. Ab dem 28. Dezember soll es dann auch Kontaktbeschränkungen (maximal 10 Leute) für Geimpfte geben.
Naja, die Wissenschaftler, besonders das RKI, hatten vor der Konferenz noch gefordert, dass sofort Kontaktbeschränkungen einzuführen seien. Heute sind sie wieder im Schulterschluss mit der Regierung. Dass da Druck gemacht wurde, ist keine Frage.
Die Erst- und Zweitimpfungen kommen nicht wirklich im Eilschritt voran, aber die Protestveranstaltungen wachsen durchaus. Man wolle bis Ende Januar 30 Millionen Impfungen verabreicht haben. Mit den Auffrischungsimpfungen klappt das bestimmt, aber sonst?
Ich bin frustriert, ja sogar deprimiert, denn ich habe das Gefühl, dass die Pandemie meine letzten Jahre bestimmen wird. Das wäre sehr schade.
08. Januar 2022
Nun ist es also auch in Deutschland so weit! Die Omikron-Variante treibt die Infektionszahlen wieder in die Höhe. Die lang erwartete fünfte Welle, die nun in den Medien als Omikron-Welle bezeichnet wird, schickt sich an, die deutsche Gesellschaft zu drangsalieren. In den meisten anderen europäischen Staaten sind die 1000er oder sogar 2000er Marken für die 7-Tage-Inzidenz pro 100 000 Einwohner längst gerissen worden.
Was die deutschen Politiker aus den Erfahrungen der Nachbarn gelernt haben, ist, dass die Aufrechterhaltung der notwendigen Infrastruktur durch Krankenstände und Quarantäne ein viel größeres Problem darstellt, als die Belegung der Intensivbetten. Die gute Nachricht ist nämlich, dass Omikron besonders dreifach Geimpfte nicht so krank macht. Ein Hoffnungsschimmer am Horizont! Die schlechte Nachricht ist, dass die Virusvariante um ein Vielfaches ansteckender ist.
Die Ministerpräsidenten der Länder und die Bundesregierung haben daher gestern beschlossen, Quarantänezeiten teilweise zu verkürzen und den dreifach Geimpften etwas mehr Freiraum zu geben. In Restaurants gilt ja 2 G+. Aber drei Impfungen ersetzen den Test.
Recht viel mehr wird nicht geregelt und die Bundesländer waren sich schon Minuten nach den gemeinsamen Beschlüssen nicht sicher, ob sie das so gut finden und auch genau so umsetzen werden. Manchmal glaube ich, dass Deutschland immer noch von Landesfürsten wie im 18./19. Jahrhundert regiert wird.
Leider entfaltet auch die Querdenkerszene exponentielles Wachstum. Es scheint immer mehr Leuten Spaß zu machen, sich „zufällig“ bei „Spaziergängen“ zu Hunderten, manchmal zu Tausenden zu treffen. Manchmal kommt es zu gewalttätigen Auseinandersetzungen mit der Polizei. Das Anliegen ist immer noch, dass man gegen Anti-Corona-Maßnahmen ist. Es handelt sich also um Nichtdemonstrationen für Anti-Anti-Corona-Maßnahmen. Ich denke nach wie vor, dass rechte Gruppierungen mit der Organisation dieser Proteste mittel- und langfristig Menschen für ihre politischen Ziele fischen. Ich hoffe, ich irre mich!
19. Januar 2022
Omikron geht um in Deutschland! Aber mit Sicherheit stehen wir noch am Anfang dieser Welle, denn die europäischen Nachbarn, die schon länger betroffen sind, haben 7-Tage-Inzidenzen pro 100.000 Einwohner von 2- oder sogar mehr als 3 000. In UK scheint der Höhepunkt überschritten, die Fallzahlen sinken wieder. Vielleicht mangelt es auch an Tests, wie Lisa erzählt.
Die Belastung für die Intensivstationen stieg aber nirgends so stark wie die Infektionszahl. Das ist eine gute Nachricht. Allerdings haben die meisten europäischen Nachbarn eine höhere Impfquote (72,8) als Deutschland.
Aber in unserer Regierung traut sich niemand ein Gesetz zur Impfpflicht auf den Weg zu bringen, wie das Österreich bereits getan hat und Italien es wenigstens ab einem bestimmten Alter tut.
Gesundheitsminister Lauterbach und Kanzler Scholz, beide SPD, sprechen sich dafür aus. Aber die Regierungskoalition will, dass das Parlament die Gesetzesinitiative ergreift und einen Entwurf vorlegt. Dass der Bundestag so einem Gesetz zustimmen muss, ist eh klar. Aber bei den meisten Gesetzesvorhaben ist es die Regierung, die eine Vorlage zur Debatte stellt. Das Parlament braucht viel länger, muss erst die Berater-Ressourcen zusammenstellen, Mitstreiter finden…
Ja, ich laste dieser Regierung Scheinheiligkeit und Feigheit an. Das Argument, dass es sich um eine Gewissensentscheidung für die Abgeordneten handle und man daher keinen „Fraktionszwang“ geltend machen wolle, ist Bullshit. Laut Grundgesetz sind die Abgeordneten immer nur ihrem Gewissen verantwortlich. Dass dem meist nicht so ist, dass statt Gewissen Fraktion und Koalition Verantwortung einfordern, ist bekannt, aber trotzdem nicht korrekt. Den Abgeordneten ihr Gewissen zu lassen, ist keine großzügige Geste der Regierung, sondern schlichtes Befolgen des Grundgesetzes.
In Wahrheit wollen die Regierungsparteien nicht die Verantwortung dafür übernehmen, dass wahrscheinlich auf den Straßen massenhaft friedliche oder auch gewalttätige Demonstrationen der Impfgegner, Querdenker und der Rechten stattfinden würden. Da jetzt auch Gegendemonstranten auf die Straße gehen, könnte es natürlich zu Auseinandersetzungen kommen.
Tja, so haben wir in Deutschland die Situation, dass laut Umfragen die Mehrheit eine Impfpflicht wünscht, aber eine Minderheit so sehr gefürchtet wird, dass sie eine erwünschte Maßnahme, ja ein gewünschtes Gesetz verhindern kann.
In Deutschland gilt der Minderheitenschutz und das ist auch richtig so. Aber was, wenn Minderheiten missbraucht werden?! Hatten wir so ein Szenario schon in der Geschichte? Ich muss darüber nachdenken!
11. Februar 2022
Es gab nun längere Zeit nichts Neues zu berichten aus Deutschland in der vierten Corona-Omikron-Welle. Die Infektionszahlen stiegen und steigen immer noch. Der Höhepunkt ist mit ca. 200 000 Infektionen täglich (Inzidenz von ca. 1400) noch nicht erreicht. Dänemark hat eine Inzidenz von über 5000 und legt trotzdem keinen Wert auf Einschränkungen. Ein Vorbild für viele hier in Deutschland.
Bei uns werden nun auch hauptsächlich von politischer Seite Lockerungen gefordert, weil die Intensivstationen von den hohen Infektionszahlen kaum betroffen seien. Aber wenn man sich als ganz normale Zeitungsleserin täglich die Zahlen anschaut, dann sieht man, dass seit ein paar Tagen die Belegung der Intensivbetten steigt und auch die Todesfälle mehr werden.
Gesundheitsminister Lauterbach warnt vor Lockerungen und rechnet vor, dass man mit bis zu 500 Toten täglich rechnen müsse. Auch Wissenschaftler, Virologen und Mediziner aller Art sehen keinen Grund derzeit zu lockern. Wieso jetzt der richtige Zeitpunkt für Lockerungen sein sollte, erschließt sich mir auch nicht.
Ungläubig schaue ich auch auf die Umsetzung zur Teilimpfpflicht und zur Gesetzesvorlage einer allgemeinen Impfpflicht.
Eigentlich müssten lt. Gesetz am 15. März alle Beschäftigte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen durch eine Impfung immunisiert sein. Das Bundesverfassungsgericht hat Eilanträge zur Aussetzung dieses Gesetzes abgelehnt. Also kann niemand ausbüchsen? Entweder impfen oder Jobwechsel! Aber nein, es gibt noch eine dritte Möglichkeit! Auswandern nach Bayern! Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder hat nämlich vor ein paar Tagen verkündet, dass er diese Impfpflicht nicht umsetzen werde, da die Bedingungen nicht geregelt seien. Man würde nur im Chaos enden und so das Vertrauen der Bevölkerung verlieren.
„Welches Vertrauen?“, kann ich da nur fragen.
Aber es steht ja im Bundestag auch noch Gesetzesinitiativen zur allgemeinen Impfpflicht aus, die von partei-, fraktions- und ministerienübergreifenden Gruppen vorgelegt werden sollten, so der Wunsch der Bundesregierung. Die wollte sich offensichtlich damit die Hände nicht schmutzig machen.
Ja, diese Vorschläge werden in diesen Tagen vorgelegt. Seit Dezember 2021 liegt ein Antrag des Bundestagsvizepräsidenten Wolfgang Kubicki (FDP) vor, der gegen eine Impfpflicht ist. Ein anderer FDP-Parlamentarier arbeitet mit einer Gruppe noch an einem Stufenmodell. Einer Beratungspflicht (was auch immer das heißen mag) würde, falls notwendig, eine Impfpflicht für über 50-Jährige folgen.
Die Fraktion aus CDU/CSU nennt ihren Vorschlag „Impfvorsorgegesetz“. Es sieht die konkrete und logistische Vorbereitung auf eine Impfpflicht vor, wozu auch ein Impfregister gehört. Einführen wolle man sie aber nur, falls die Situation im Herbst dies erfordere.
SPD-Parlamentarier könnten angeblich sofort einen interfraktionellen Entwurf zur allgemeinen (ab 18 Jahren) zeitlich befristeten auf drei Impfungen begrenzten Impfpflicht vorlegen.
Es kommen langsam Zweifel auf, ob Ende März oder auch vor Ostern, also Mitte April, alle drei Lesungen stattgefunden haben könnten und man zur Beschlussfassung übergehen könne. Der Bundesrat muss ja auch noch abstimmen.
Von politischer Seite ist auch vorgesehen, dass die Krankenkassen mit der Kontrolle der Impfpflicht beauftragt werden sollten, vermutlich da ja jeder in unserem Land krankenversichert sein muss und daher die Daten bei den Kassen herumliegen. Die Krankenkassen wehren sich aber mit Händen und Füßen dagegen. Da bin ich mal gespannt, wie man die ins Boot holen will!
Also ich schätze, wenn nicht noch eine Wahnsinnsmutation für eine Neubewertung der Lage sorgt, dann verabschiedet unser Parlament ein Gesetz dann, wenn sich die Deutschen fragen, „Corona, was war das gleich nochmal?“. Überspitzt gesagt!
21. März 2022
Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt! Dieses Sprichwort bewahrheitet sich wieder einmal.
Eigentlich dachte ich ja, dass die Pandemie ihrem Ende entgegenstrebe und ich diesen Beitrag in diesen Tagen schließen könne. Tatsächlich veränderte sich die Lage in unerwarteter Weise dramatisch.
Dass die Infektionszahlen im Zeitraum vom 11. Februar bis heute zuerst fielen und dann auf hohem Niveau gleich wieder so sehr anstiegen, dass täglich Höchstwerte gemeldet werden, ist aber nicht der große Wendepunkt. Ein ganz anderes weltpolitisches Ereignis bewegt Politiker aller Welt, aber besonders die Europäer: Die Armee der russischen Föderation hat am 24. Februar tatsächlich die Ukraine angegriffen und überzieht nun das Land mit Krieg. Es fallen sozusagen im Vorgarten Europas Bomben auf Wohnhäuser, Soldaten und Zivilisten sterben, drei Millionen Flüchtlinge strömen in die EU. Dieses Szenario hat der Pandemie nun in der öffentlichen Diskussion den Rang abgelaufen, so zynisch das auch klingen mag.
Aber ich will dennoch den Stand der Pandemie in Deutschland für die Nachwelt festhalten.
Heute liegt die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner in Deutschland bei 1745, Tendenz steigend. Die Anzahl der vollständig Geimpften hat nicht mehr wesentlich zugenommen. Sie beträgt immer noch ca. 71 Prozent.
Am 20. März 2022 sollten dennoch lt. überarbeitetem Infektionsschutzgesetz die meisten Schutzmaßnahmen ein Ende haben. Allerdings wurden die Bundesländer ermächtigt, in Eigenregie Maßnahmen beizubehalten oder auch nicht. Der Maßnahmen-Flicken-Teppich in Deutschland feiert also wie schon so oft fröhliche Urständ.
Ich trage einfach meine FFP2-Maske nach wie vor überall, wo viele Menschen in Innenräumen zusammenkommen und natürlich in allen öffentlichen Verkehrsmitteln. Ob ich das muss? Keine Ahnung! Ist mir aber ganz egal, denn bei diesen Infektionszahlen macht das für mich Sinn.
Die Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken und Pflegeeinrichtungen, die eigentlich ab dem 15. März hätte gelten sollen, ist natürlich noch nicht durchgesetzt. Und über die allgemeine Impfpflicht wird in der Politik und in den Medien immer noch gestritten, aber nicht mehr an prominenter Stelle.
Die allgemeine Aufmerksamkeit gehört dem Kriegsgeschehen.
Es ist mir ein Anliegen anzumerken, dass sich meine Befürchtungen hinsichtlich der rechten Szene und der Querdenker- bzw. Verschwörungstheoretiker-Szene tatsächlich zu bewahrheiten scheinen. Die Mythen um die Pandemie stießen im Laufe des Februars 2022 nicht mehr auf das große Interesse. Nun schüren dieselben Leute und Gruppen entsprechende Verschwörungstheorien bezüglich des Krieges. Viele scheinen sich mit dem russischen Präsidenten Putin und Russland zu identifizieren.
(Quelle: https://www.sueddeutsche.de/projekte/artikel/politik/der-ukraine-krieg-als-grosse-verschwoerung-e916186/)
Ich habe das Gefühl, dass die Gefahren der Pandemie keineswegs vorbei sind, obwohl sie nicht mehr die Aufmerksamkeit erhält wie früher. Von Befreiung kann nicht die Rede sein.
Und es ist die Auseinandersetzung mit der Kriegsgefahr und all den menschlichen und wirtschaftlichen sowie politischen Folgen hinzugekommen. Ich bin mir derzeit schmerzhaft der Tatsache bewusst, dass man als Zeitgenosse keinen tieferen Einblick und überhaupt keinen Überblick hat. Aber dieses Thema möchte ich demnächst in der Rubrik „Ukraine“ bearbeiten.
08. April 2022
Nun ist es also wirklich so weit. Die Pandemie macht eine Pause! Genauer gesagt: Nicht die Pandemie macht eine Pause, sondern die Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie machen eine Pause.
Das hört sich merkwürdig an, wenn man bedenkt, dass die 7-Tage-Inzidenz pro 100.000 Einwohner in Deutschland derzeit 1181 (Tendenz fallend) beträgt. Auch an der unzureichenden Impfquote hat sich kaum etwas geändert. Aber dennoch ist die Maskenpflicht tatsächlich gefallen wie fast alle anderen Schutzmaßnahmen schon vorher.
Als ich heute zum Einkaufen in den Supermarkt ging, war ich mit meiner Maske im Gesicht eine Außenseiterin.
Der deutsche Bundestag hat heute auch mehrheitlich gegen eine generelle Impfpflicht gestimmt. Nicht einmal dem Kompromiss, dass die über 60-Jährigen sich einer Impfpflicht beugen sollten, mochte das deutsche Parlament zustimmen.
Sind wir nun endgültig an dem Punkt angelangt, wo die Corona-Pandemie, die ungefähr im Februar 2020 zumindest in Europa begann, langsam aus dem Bewusstsein der Menschen Stück für Stück verschwindet? Werden sich immer wieder Wellen aufbauen? Werden wir alle einfach mit dem Virus und der Infektionsgefahr leben wie mit anderen Gefahren auch? Werden wir vergessen? Oder gibt es ein böses Erwachen?

Wir werden sehen! (TA)
Links zum Thema Pandemiejahre 2020/21:
Pandemiejahre 2020/21 - Teil 5
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