WG-Geschichten - Wie wird man Resi los?
- lisaluger
- 26. Dez. 2022
- 2 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 1. Juni 2023
(DE 1977) Mein erstes Zimmer in einer Wohngemeinschaft fand ich bei zwei Mitschülerinnen unserer Berliner „Schule für Erwachsenenbildung e.V.“ , ein alternatives Schulprojekt, in dem erwachsene Lernende und Lehrende gemeinsam den Lehrplan vereinbarten und die Schule verwalteten. Das war eine neue Herausforderung, entsprach aber den Erfahrungen und Bedürfnissen erwachsener Schülerinnen und Schüler.
So hatten wir drei nicht nur gemeinsame Ziele und befanden uns in einer ähnlichen Lebensphase, wir waren auch bereit für neue gemeinsame Erfahrungen. Der Tagesablauf war allerdings unterschiedlich. Mein Unterricht fand tagsüber statt, der meiner Mitbewohnerinnen abends und wir mussten alle drei neben der Schule noch arbeiten, da das Bafög zum Leben nicht reichte.

Nachdem wir die Wohnung gemeinsam renoviert hatten, konnte unser Zusammenleben beginnen. Während der Woche war jede mit lernen und arbeiten beschäftigt, so dass wir uns kaum sahen. Aber am Wochenende gab es oft ein ausgedehntes Frühstück mit vielen Freunden und Musik, die aus großen Lautsprechern durch alle Zimmer dröhnte. Eine meiner Mitbewohnerinnen war ein Fan von „Supertramp“ und „Queen“. Die andere hörte gern klassische Klänge. Aber das war kein Problem. Wir hatten viel Spaß und durchlebten miteinander Höhen und Tiefen.
An Resi jedoch arbeiteten wir uns längere Zeit erfolglos ab.
Resi war eine Maus. Sie begegnete mir überraschend im Bad und löste bei allen Entsetzen aus. Eigentlich war sie niedlich, weswegen wir ihr den schönen Namen Resi gaben. Aber es gruselte uns auch, wenn wir uns vorstellten, dass uns Resi über die nackten Beine laufen würde, während wir hilflos auf dem Klo saßen. Wir trauten uns nicht mehr ins Bad auf die Toilette.

Also entschieden wir uns, fürs Erste mitten im Winter durch die hoch verschneiten Straßen 500 Meter zur nächsten öffentlichen Toilette zu wandern. Aber das war natürlich nur eine Lösung für den Moment. Auf Dauer mussten wir das Problem schon grundlegender angehen.
Ein Freund riet uns, Bäckertüten aufzublasen und zum Platzen zu bringen, was einen ordentlichen Knall verursacht. Mäuse seien nämlich sehr sensibel, behauptete unser Freund, und würden davon einen Herzschlag bekommen. Wir fanden das zu grausam und konnten uns nicht für den heimtückischen Mord an unserer Resi entscheiden.
Schließlich war das Glück auf unserer Seite.
Eine Freundin bat uns, ein paar Tage ihre Katze zu hüten. Wir sagten sofort zu, denn man weiß ja, dass Katzen Mäuse jagen und das ein ganz natürlicher Vorgang ist, kein Mord aus niederen Beweggründen!
Aber diese Katze war sehr neurotisch und scheu und verschwand sofort nach ihrer Ankunft und war nicht mehr aufzufinden, bis ihre Besitzerin sie nach fünf Tagen wieder abholte. Sie war etwas abgemagert, da sie das ihr angebotene Fressen und Wasser kaum angerührt hatte. Unsere Hoffnung allerdings, dass sie die Maus Resi jagen würde, erfüllte sie nicht so wie wir dachten. Diese Katze jagte nicht. Allerdings schien sie die Resi alleine durch ihren Katzengeruch verjagt zu haben, der sich (unbewust zu uns) in der Wohnung verbreitete. Unsere Resi ward nicht mehr gesehen.
Man könnte natürlich darüber spekulieren, ob die Maus nicht doch nächtens in einer dunklen Ecke in einem unbemerkten Moment das Opfer der Katze geworden war. Aber die Vorstellung, dass Resi einfach ausgezogen ist, war uns viel lieber.
Natürlich waren wir froh, aber irgendwie war es auch schade. (LL)
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