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Krieg in der Ukraine - Teil 2/2

  • titanja1504
  • 29. Jan. 2023
  • 4 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 16. Juni 2023

Ist Flüchtling nicht gleich Flüchtling?

(DE) Im April 2022 befanden sich über vier Millionen Personen aus der Ukraine auf der Flucht, 2,5 davon in Polen. In Deutschland waren es im Frühling mehr als 310.000 ukrainische Flüchtlinge, im August 2022 sind es ca. 910.000 dokumentierte Einreisen.


Mehr Fakten, Zahlen und Hintergrundberichte über die Situation der ukrainischen Flüchtlinge sind auf der Mediendienst-Integration-Service-Platform für Journalistinnen und Journalisten zu finden.


Ich gehörte zu einem Kollegium, das eine Partnerschule in Kiew hatte. Daher wurden in dieser Krisensituation persönliche Kontakte aktiviert und ich erlebte direkt mit, wie mit den geflüchteten Kolleginnen in Deutschland von offizieller Seite verfahren wird.

Sofortige Integration für ukrainische Flüchtlinge

Die Rechtslage für Flüchtende aus der Ukraine ist recht freizügig und das, obwohl die Ukraine ja bekanntlich kein EU-Mitglied ist.

Geflüchtete aus der Ukraine können ihren Wohnsitz frei wählen und sich im Schengen-Raum völlig frei bewegen, ohne jedwede Visumpflicht. Ukrainerinnen und Ukrainer haben automatisch die Erlaubnis zu arbeiten. Wer kein Vermögen hat und auch keine Arbeit bekommt, hat Anspruch auf existenzsichernde Sozialleistungen.


Fakten und Hintergrundinformationen sind auf der Webseite der Deutschen Welle vom 4.3.2022 zu finden.


Befreundete Ukrainerinnen berichteten, dass man an der Grenze sofort eine kostenlose SIM-Karte für das Handy erhalten habe, um in die Ukraine telefonieren zu können. Außerdem sei der öffentliche Nahverkehr, einschließlich Bahn, ebenfalls kostenfrei für geflüchtete Ukrainer. Ein Viertel der ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland kommen bei Freunden und Verwandten unter.

In den Schulen werden „Willkommensklassen“ für die Schulkinder eingerichtet und auch für Kindergärten gibt es Integrationskonzepte.

Von so einer Unterstützung können Asylbewerber oder Flüchtlinge aus anderen Ländern nur träumen, wie ich aus meiner ehrenamtlichen Arbeit weiß.

Keine Arbeitserlaubnis, Unterbringung in Gemeinschaftsunterkünften, keine Freizügigkeit im Bundesgebiet oder gar in Europa…! Es gilt auch kein Dublin-Abkommen für Ukrainer, das Flüchtlinge wieder dahin zurückschickt, wo sie zuerst europäischen Boden betreten haben, was in diesem Fall Polen und Ungarn wären.


Warum werden ukrainische Flüchtlinge so bevorzugt behandelt? Was unterscheidet sie von anderen Flüchtlingen aus Kriegsgebieten? Was erwartet man von ihnen?


Diese Fragen bleiben unbeantwortet, aber ich habe das Gefühl eines déjà vu!


Mich erinnert diese große Hilfsbereitschaft an das Jahr 2015, als am Münchner Hauptbahnhof volle Züge mit Flüchtlingen aus Syrien ankamen und dort von Beifall klatschenden Deutschen begrüßt wurden; als die damalige Bundeskanzlerin Angela Merkel aufmunternd meinte: „Wir schaffen das!“


Ich habe erlebt, wie Gutmenschen Flüchtlingsfamilien mit viel Engagement betreuten, nur um sich nach einiger Zeit enttäuscht und frustriert von ihnen abzuwenden. Die Dankbarkeit der Betreuten war endlich, das wechselseitige Forderungslevel stieg stetig und die kulturellen Unterschiede waren denn doch auf Dauer zu groß.


Die rechten Parteien wie die AfD mit ihrer Hetze gegen Ausländer erhielten Zulauf und wurden zu einer politischen Kraft.

Glaubt man eigentlich, dass dies mit den ukrainischen Flüchtlingen nicht passieren werde?


Auch die Süddeutsche Zeitung erinnert sich an die Situation 2015, als viele Freiwillige sich um syrische Flüchtliche kümmerten, doch bald überfordert waren. Sie weist daher auf die Grenzen der Großzügigkeit hin.


Zwischen meinen ehemaligen ukrainischen Kolleginnen und uns, den deutschen Lehrerinnen, gibt es kaum kulturelle Unterschiede.

Aber es gibt auch andere Ukrainer, die sich nationalistischer geben, als das für uns Deutsche erträglich ist. Von einem ausgrenzenden pathetisch vertretenen Nationalstolz bis hin zu aggressivem Mobbing von schwarzen Menschen und Moslems ist alles zu finden.

Es kommt auch nicht von ungefähr, dass die ukrainische Generalkonsulin Iryna Tybinka die Beschulung ukrainischer Kinder in deutschen Integrationsklassen ablehnt. Der Kultusministerkonferenz erklärte sie, Integrationsklassen würden ukrainische Kinder psychisch belasten, der Unterricht in der Ukraine sei stringenter und die Inhalte in deutschen Schulen zu russlandfreundlich.

Tatsächlich sind ukrainische Schulen in Sachen Digitalisierung wesentlich besser ausgebaut als deutsche Schulen und vermutlich wäre ukrainischer Unterricht via Internet für die meisten Schülerinnen und Schüler kein Problem.

Aber die anderen Argumente lassen ideologische Differenzen erahnen, die den Deutschen so nicht klar sind.


In der öffentlichen Meinung, in der Politik und in den Medien hieß und heißt es ja, die europäischen Werte, die Demokratie müsse gerade jetzt in der Ukraine verteidigt werden. Ich bin gespannt, was passiert, wenn Unterschiede und Differenzen sichtbar und fühlbar werden.

Ein unangemessenes Versprechen der Kommissionspräsidentin

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hat Anfang April 2022 den ukrainischen Präsidenten in Kiew besucht und mit Betroffenheit signalisierender Miene eine rasche Entscheidung zur Aufnahme der Ukraine in die EU versprochen. Eine Ablehnung ist eigentlich in dieser Situation undenkbar, daher ist die Entscheidung wohl schon gefallen, fürchte ich zu diesem Zeitpunkt.


Damit würde der Einfluss der Osteuropäer massiv verstärkt. Die fragwürdigen Mitglieder Polen, Ungarn und m. E. auch Tschechien hätten einen starken Verbündeten. Und ob die Rechtsstaatlichkeit und Demokratie in der Ukraine so stabil und tief verankert ist, weiß ja kein Mensch so genau.

Es hat sich vor dem Krieg niemand wirklich um ukrainische Belange gekümmert.

Das könnte noch ein böses Erwachen geben.


So dachte vielleicht auch die deutsche Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne), als sie vier Wochen nach Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyens Betroffenheitszusage relativierte: Es gebe keine Abkürzung für die Ukraine auf dem Weg zur EU-Vollmitgliedschaft, verkündete sie auf einer Pressekonferenz in Kiew. Allerdings sei die Ukraine ein fester Teil Europas.


Was auch immer das heißen mag, mir scheint, dass diese Beteuerungen der Solidarität und Zuneigung durch deutsche Politiker und Politikerinnen mehr dem Druck der Medien und einiger Politiker-Kollegen - wie beispielsweise MdB Agnes-Marie Strack-Zimmermann (FDP) - als der inneren Überzeugung geschuldet sind. (TA)

Foto: Rascher Sightseeing in Kiew in Friedenszeiten 2012
Foto: Rascher Sightseeing in Kiew in Friedenszeiten 2012

Folgende Links führen zu weiteren Artikeln, die sich mit diesem Thema beschäftigen:

Krieg in der Ukraine - Teil 2/2

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