Kampf gegen die Inkompetenz und Ignoranz von Experten
- anon
- 20. Nov. 2022
- 12 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 16. Juli 2023
(DE) Wie schon öfter im letzten Jahr sitze ich am Bett meiner Freundin Inge auf der Intensivstation und warte, dass sie aufwacht. Wir sind seit Jahrzehnten Freundinnen, obwohl sie sehr viel älter ist als ich. In gewisser Weise war ich ein wenig Ersatztochter für sie und ihren 2009 verstorbenen Mann Martin, denn ihr einziger Sohn war früh verstorben und die Enkelkinder leben in Amerika.
Ich hatte Inges fünf Enkelsöhne kennengelernt und mochte sie. Das sind alles nette Jungs.

In den letzten Monaten hatte ich sie regelmäßig über den Gesundheitszustand ihrer Großmutter in Deutschland auf dem Laufenden gehalten, denn Inges Herz wurde immer schwächer und immer öfter musste sie vom Notarzt in die Klinik eingewiesen werden.
Sie verbrachte meist einige kritische Tage auf der Intensivstation, wo ich sie täglich besuchte und hoffte, dass sie sich schnell wieder erholte.
Zeit, die letzten Dinge zu regeln
Als Inge dieses Mal wieder zu Kräften kam, fragte ich sie: “Was geht dir denn jetzt so durch den Kopf?” Sie antwortete prompt: “Ich möchte gern, dass du mein Erbe abwickelst. Willst du das für mich machen? Wenn es mir wieder besser geht, dann gehen wir zusammen zum Notar.”
„Weißt du“, meinte sie ganz nüchtern, „meine Enkel haben keinen Bezug zu Deutschland, können die Sprache nicht. Deshalb nimm dir was dir gefällt, die Wohnung verkaufst du und das Bankkonto löst du auf. Der Erlös wird auf die fünf Enkel aufgeteilt.“
Natürlich sollte ich für diese Abwicklung eine prozentuale Abfindung erhalten und eine Erstattung meiner Kosten.
Und tatsächlich ging es Inge nach diesem Gespräch am Krankenbett wieder etwas besser und sie konnte aus dem Krankenhaus entlassen werden.
Meine Freundin war eine sehr pragmatische und auch realistische Frau und daher machte sie möglichst schnell einen Termin bei einer ihr bekannten Notarin, um ihren Wunsch der Nachlassregelung durch mich rechtlich abzusichern. Sie vertraute dieser Notarin, denn sie war beim Wohnungskauf des Ehepaares schon tätig geworden und kannte auch deren Berliner Testament.
Und dennoch ging letztendlich alles schief von Anbeginn bis zum bitteren Ende, das Inge zum Glück nicht mehr erleben musste.
Vermeintliche Sicherheit durch notariell beglaubigte Dokumente
Inge schleppte sich zu diesem Termin in die Innenstadt, denn sie war inzwischen sehr gebrechlich und konnte nur noch schwer atmen.
Dennoch mutete man ihr im Notariat zu, unverrichteter Dinge abzuziehen und einen neuen Termin zu machen, da es versäumt worden war, den Termin einzutragen und daher die Notarin in einer Sitzung war.
Ich empfand das als Zumutung und bestand darauf, auf die Notarin zu warten. Als diese schliesslich erschien, sah sie keinerlei Anlass, sich für die Unannehmlichkeiten zu entschuldigen sondern fragte direkt nach dem Anliegen.
Meine Freundin, wie immer klar im Kopf, legte ihre Wünsche dar und bat um deren rechtliche Absicherung durch entsprechende notariell beglaubigte Dokumente.
Daraufhin erstellte die Notarin zwei Dokumente. Ein Dokument benannte mich als Testamentsvollstreckerin. Das weitere Dokument war eine Generalvollmacht, die Inge mir ausstellte, anhand derer ich für sie Entscheidungen in jeglicher Hinsicht treffen konnte.
Das Honorar für die Ausstellung der beiden Dokumente war recht hoch, denn es errechnet sich aus dem Wert des Nachlasses.
Inge glaubte nun, ihre letzten Dinge geregelt zu haben und als sie schließlich starb, machte ich mich an die Arbeit, wie wir es vereinbart hatten.
Veto vom Nachlassgericht
Doch was Inge und ich uns mit unserem gesunden Menschenverstand so einfach vorgestellt hatten, was auch die Notarin mit ihrer kostspieligen Dienstleistung bestätigt hatte, erwies sich als viel komplizierter und nervenaufreibender.
Mit meinen beiden notariell beglaubigten Dokumenten in der Hand ging ich als erstes zur Bank, um den Prozess anzustoßen, und stellte mich als Testamentsvollstreckerin, mit Vorlage des Originals, vor. Es war wichtig, Zugang zum Konto zu erhalten, denn Rechnungen mussten bezahlt und regelmäßige Zahlungen gestoppt werden.
Nach sechs Wochen erhielt ich jedoch vom Nachlassgericht ein Schreiben, in dem stand, dass ich keine Testamentsvollstreckerin sei.
Völlig konsterniert rief ich beim Nachlassgericht an und sprach mit der zuständigen Richterin. Diese bestätigte schroff, dass ich definitiv keine Testamentsvollstreckerin sein könne, da das vorliegende Testament ein Berliner Testament sei, das keine Testamentsvollstrecker vorsehe. Ich dürfte höchstens als Nachlasspflegerin tätig sein, natürlich nur mit Vollmacht der Erben.
Martin und Inge hatten ein Berliner Testament gemacht, das besagte, dass die beiden Eheleute sich gegenseitig beerben würden. Wenn aber der letzte von den beiden stirbt, dann erben die fünf Enkel zu gleichen Teilen das vorhandene Vermögen.
Hintergrundinformation zum besseren Verständnis der Rechtslage: Das Berliner Testament zeichnet sich dadurch aus, dass sich die Ehegatten gegenseitig als Erben einsetzen und entweder zugleich einen Dritten als Schlusserben benennen, oder die gesetzliche Erbfolge eintritt. Mit dem Tod eines Ehegatten kann das Berliner Testament nicht mehr geändert werden. Deshalb ist grundsätzlich eine sog. Abänderungsklausel sinnvoll. Quelle: https://www.fachanwalt.de/magazin/erbrecht/berliner-testament
So eine Änderungsklausel enthielt Inges und Martins Testament aber nicht.
Auf meine Frage, wie der weitere Prozess nun aussehen würde, klärte mich die Richterin über meine Rolle auf:
Ich solle dem Nachlassgericht die Adressen der Erben mitteilen. Diese würden vom Nachlassgericht befragt, ob sie das Erbe antreten wollten. Die Erben könnten mir dann einen Berechtigungsschein ausstellen, der mich dazu berechtigen würde, den Nachlass abzuwickeln. Sollten die Erben nicht einverstanden sein, werde das Gericht einen Nachlassverwalter bestellen. Die Kosten dafür würden aus dem Nachlass beglichen.
Naja, so war das zwar nicht geplant, aber wenn die Rechtslage nun einmal so ist, dann musste ich mich den Vorgaben des Gerichts natürlich beugen.
Allerdings fragte ich mich schon, wieso die Notarin in Kenntnis all dieser Voraussetzungen und hoffentlich auch in Kenntnis der Rechtslage die Dokumente für Inge und mich ausgestellt hatte, die offensichtlich völlig nutzlos waren!
Konnte es sein, dass eine professionelle juristische Expertin grundlegende juristische Kenntnisse außer Acht ließ? Unabsichtlich? Aus Unkenntnis? Also aus Inkompetenz? Oder aus Ignoranz? Oder um ein Geschäft zu machen?
Unprofessionalität und Chaos bei der Bank
Nun musste ich als erstes wieder zur Bank gehen und dort eingestehen, dass ich nicht die Testamentsvollstreckerin sei. Dabei hatte ich in der Bank und überall in gutem Glauben als solche unterschrieben. Hoffentlich hatte ich mich dadurch nicht strafbar gemacht!
Obwohl der Bank auch die Generalvollmacht vorlag, und angesichts dieser neuen Erkenntnisse durch das Nachlassgericht, bestand die Bank nun darauf zu warten bis ich die Bescheinigung der Erben vorlegen konnte. Das war ein großes Problem, denn es waren ja Rechnungen zu bezahlen und ich hatte keinen Zugriff mehr auf das Konto.
Auch in Bezug auf den Wohnungsverkauf deutete die Bank an, dass ich wahrscheinlich einen Erbschein von den Enkeln haben müsse. Genau wüssten sie es nicht.
Wie es schien, war wohl so eine Nachlassabwicklung für die Bank Neuland.
Bei jedem Termin wurde ein neues Dokument von mir verlangt. Es lag offensichtlich keine Liste vor, was in solchen Fällen an Dokumenten gebraucht würde. Für mich bedeutete das viele Termine und viel Lauferei.
Anwaltlicher Rat – aber der Teufel liegt im Detail!
Schließlich hatte ich genug davon, schikaniert zu werden, und beschloss, einen Anwalt zu konsultieren, der Experte in Auslandserbschaften war.

Erneut vertraute ich darauf, dass es doch einen Experten geben müsse, der in diese Angelegenheit Klarheit bringen könnte.
Ich zeigte ihm meine beiden notariell beglaubigten Dokumente.
Wie es schien, hatte ich einen Glücksgriff getan bei meiner Wahl des Anwalts.
Er staunte darüber, dass ich ein Dokument, das mich als Testamentsvollstreckerin benannte, in Händen hatte, denn dies sei völlig überflüssig beim Vorliegen einer Generalvollmacht. Diese Generalvollmacht zeige, wie groß das Vertrauen Inges in mich gewesen sei und juristisch überschreibe diese Vollmacht alles.
Wieso in drei Teufels Namen hatte die Notarin dann dieses sinnlose „Testamentsvollstreckerin-Dokument“ ausgestellt? Es konnte doch nicht sein, dass sie als Expertin die Bedeutung einer Generalvollmacht nicht kannte?! Also doch Geschäftemacherei?
Ich war sehr froh darüber, einen so kompetenten Anwalt konsultiert zu haben und ging mit neuem Selbstbewusstsein erneut zur Bank. Ausgestattet mit juristischem Wissen über die Bedeutung der Generalvollmacht konnte ich die Bank schließlich dazu bringen, mit mir zu kooperieren. Allerdings musste das Dokument unter dem neuen Gesichtspunkt erneut kopiert werden. Warum? Das habe ich nicht gefragt. Das wollte ich lieber nicht wissen.
Mir war wichtig, dass ich die Rechnung für den Fliesenleger bezahlen konnte, der erst kurz vor ihrem Tod für € 20.000 Inges Bad behindertengerecht umgebaut hatte.
Allerdings tauchten beim Wohnungsverkauf neue Probleme auf. Die Bank war sich nun fast sicher, dass ich dafür letztendlich vielleicht doch den Erbschein der Enkel bräuchte. Aber Genaueres konnte man mir nicht sagen.
Was nun? Wer konnte mir denn sagen, was ich tun durfte und was ich nicht tun durfte. Wer kannte die Rechtslage? Offensichtlich hatte auch der Anwalt in seiner Beratung, die ja auch nicht kostenlos war, ein wichtiges Detail übersehen.
Ich schrieb an die Notarin, mit der ja das ganze Elend angefangen hatte. Sie sollte mir nun Rede und Antwort stehen.
Vielleicht beschleunigte meine Beschwerde bei der Landesnotarkammer Bayern ihre Reaktionsgeschwindigkeit etwas. Jedenfalls antwortete sie unverzüglich.
Sie klärte mich auf, dass die Wohnung ursprünglich auf Inge und ihren Ehemann Martin im Grundbuch eingetragen worden war. Wenn nun Inge nach dem Tode ihres Mannes die Wohnung nicht auf sich hatte überschreiben lassen, dann bräuchte ich für Martins Anteil den Erbschein von den Erben. Das Berliner Testament also wieder!
Nun haderte ich wieder mit den Experten. Diese entscheidende Kleinigkeit hätte mir der Anwalt doch gleich sagen können. Und die Notarin, die ja das Berliner Testament der beiden gekannt hatte, hätte doch ebenfalls rechtzeitig, sprich vor Inges Ableben, auf dieses Rechtsproblem hinweisen können.
Was sind das nur für Fachleute?! Wie können die sich Berater nennen, wenn sie ihre Klienten so ungenau und schlampig beraten!?
Ich aber fing nun an zu beten: “Lieber Gott, lass mich dieses Dokument finden und hoffentlich hat sie die Wohnung auf sich umgeschrieben!” Im Schmerz und der Trauer vergisst man solche “Kleinigkeiten” leicht. Beim Grundbuchamt wurde mir dann zum Glück bestätigt, dass sie die Wohnung wirklich auf sich hatte überschreiben lassen. So brauchte ich wenigstens keinen Erbschein. Danke, meine gut organisierte Freundin! Auf sie konnte ich mich verlassen! Doch ich musste natürlich das Dokument finden. Wieder durchsuchte ich die ganze Wohnung, bis ich schließlich fündig wurde.
Langsam kommen die Dinge ins Rollen!
Aber es wartete schon eine neue Hiobsbotschaft auf mich. Inges Steuerberater kontaktierte mich, um mich darauf hinzuweisen, dass ihre Steuererklärung fällig sei. Das Finanzamt bestehe darauf. Ich hatte keine Ahnung von Inges Steuerangelegenheiten. Zum Glück war der Steuerberater so freundlich und sandte mir den alten Steuerbescheid als Muster und eine Liste mit den relevanten Angaben. So setzte ich mich hin und machte die Steuererklärung für meine Freundin fertig.
Gleichzeitig musste ich mich um den Verkauf der Wohnung kümmern, einen Makler bestellen und Angebote für Wohnungsräumungen einholen. Ich habe Inges persönlichen Besitz gesichtet. Sie hatte teure edle Sachen und war immer top gekleidet, allerdings Kleidergrösse 48, Schuhe Grösse 36. Ich organisierte einen Kleidermarkt. Aber niemand wollte die gebrauchten Sachen. Sogar der Caritas waren die Kleidersäcke nach einer Weile zu viel.
Zwischendurch musste ich die Enkel immer wieder auf dem Laufenden halten, alles dokumentieren und die Kosten offenlegen. Und das alles in Englisch!! Ich war stark gefordert, vor allem mit all den Fachbegriffen.
Die Familie erscheint zur Beerdigung
Anfang Februar war meine Freundin gestorben, aber die Verbrennung konnte erst Mitte März stattfinden. Ich kontaktierte die Enkel und fragte nach, ob sie Interesse hätten, zur Beerdigung zu kommen. Vielleicht wollten sie ja auch von der Wohnung noch das eine oder andere als Erinnerung mitnehmen, dachte ich mir.
Schließlich kamen die Schwiegertochter und drei der fünf Enkel zur Beerdigung. Sie schliefen in der Wohnung. Am nächsten Tag, nach der Beerdigung, organisierten wir ein Treffen, um zu beratschlagen, wie weiter verfahren werden sollte.
Ich hatte meine Tochter gebeten mich zu begleiten, denn ihr Englisch ist besser als meines. Als erstes monierte die Schwiegertochter, dass Inges goldene Ohrringe fehlten. Ich hatte keine Ahnung, wo diese Ohrringe geblieben waren oder wem sie diese Ohrringe vielleicht geschenkt hatte. An dieser Art von Schmuck bin ich nicht interessiert. Inge hatte mir manchmal Modeschmuck zum Geburtstag geschenkt. Ich fand die Frage der Schwiegertochter etwas befremdend, denn irgendwie spürte ich eine gewisse Unterstellung. Ich erinnerte mich vage, dass sie bei einem Besuch Schmuck von Inge geschenkt bekommen hatte. Ja, gab sie zu, aber das waren nur die Eheringe. – Und dabei hatte Inge zu mir gesagt, die Familie in Amerika wolle ohnehin nichts von ihrem Kram, nur das Geld.
Aber ich blieb trotz dieser Unstimmigkeit professionell und wir legten das weitere Vorgehen fest. Grob gesagt, ging es darum, alles abzuwickeln, anschließend die Bankkonten aufzulösen und das Geld an die Erben zu überweisen.
Wir vereinbarten, dass ich statt an alle fünf Erben, nur an einen Sohn aus der ersten Ehe und einen aus der zweiten Ehe überweisen würde. Die Aufteilung sollte dann unter den Enkeln ohne meine Beteiligung stattfinden. Dadurch konnten erhebliche Bankgebühren gespart werden.
Meine Tochter protokollierte alles auf Englisch. Die Familienmitglieder waren angenehm überrascht von soviel Professionalität. Sie flogen am darauffolgenden Tag zufrieden wieder in die Vereinigten Staaten und ich war nach den Irrungen und Wirrungen um die Nachlassregelung, nach Beerdigung und Leichenschmaus, nach stundenlangem Diskutieren und Formulieren völlig erschöpft.
Dabei war meine Arbeit noch lange nicht getan.
In den letzten Zügen
Mir blieb die Aufgabe, alles abzuwickeln und zu Ende zu bringen. Die Aktien konnte ich zu einem guten Preis verkaufen, die Wohnung auch. Zum Schluss gab es nur noch das Problem, das Geld in die USA zu überweisen.

Ich hatte immer gedacht, Deutschland sei ein fortschrittliches Land. Aber als es darum ging, das Geld zu überweisen, wurde ich eines Besseren belehrt.Für die Auslandüberweisungen wurden mir von der Bank DinA4-Formulare übergeben, die ich ausfüllen sollte, neben Konto-Nr., IBAN auch die exakten Adressen der Empfänger.
Obwohl die USA das IBAN-System eingeführt hat, scheint es in den USA aber nicht bekannt zu sein oder die Enkel wussten nicht, was das ist, und mussten erst bei ihrer Bank nachfragen.

Ich füllte also dieses Überweisungsformular zu Hause aus und machte wieder einen Termin mit der Bank. Die Bankangestellte tippt alle Angaben aus dem Überweisungsformular in ihren Computer. Wofür hatte ich das alles alleine schon ordentlich ausgefüllt? Beim Übertragen kann man sich wieder vertippen und es muss nochmals Korrektur gelesen werden. Wie umständlich!
Nun war noch die Frage, in welcher Währung das Geld überwiesen werden sollte. Es musste geklärt werden, was günstiger wäre und die Höhe der Bankgebühren.
Die Bankangestellte wusste das nicht. Sie wusste auch den aktuellen Kurs nicht, denn der ändert sich ein paarmal am Tag. Sie musste dazu erst bei der Zentrale in Nürnberg anrufen. Aber sie kam telefonisch nicht durch. Sie rief immer wieder an, aber es war immer belegt.
Ich saß also in der Bank einer Großstadt im 21. Jahrhundert und musste zusehen, wie Bankangestellte ihr ureigenstes Geschäft aufgrund organisatorischer Mängel nicht durchführen konnten. Wenn der deutsche Finanzsektor so funktionierte, dann wunderte es mich sehr, dass Deutschland zu den Wirtschaftsmächten zählen sollte.
Zwei Stunden verbrachte ich in der Bank, um diese zwei Überweisungen in die Wege zu leiten. Dann endlich war die Leitung frei, sodass der Kurs schriftlich via Email durchgegeben wurde, dann musste ich wieder unterschreiben. Schließlich ging auch das über die Bühne und das Geld war auf dem Weg zu den Erben.
Das Finanzamt ist auf Zack!
Danach war zwar ich am Ende, aber meine Aufgabe noch nicht. Ich bekam ein Schreiben vom Finanzamt. Das Finanzamt wollte sich vergewissern, dass nichts mehr an Vermögen vorhanden sei, das in der Bank nicht registriert ist, zum Beispiel Konten in Liechtenstein, andere Liegenschaften etc. Laut Finanzamt kann diese Überprüfung bis zu einem Jahr dauern.
Doch ich wollte unbedingt diese Angelegenheit nun endlich abschließen. Bei aller Liebe zu meiner Freundin, wollte ich nicht noch ein weiteres Jahr in einem verschlungenen bürokratischen Labyrinth verbringen!
Auf meine Anfrage, ob das nicht beschleunigt werden könnte, bekam ich den Tipp einen bestimmten Finanzbeamten anzurufen. Das habe ich gemacht und wurde diesmal positiv überrascht von der Hilfsbereitschaft und Kompetenz eines Beamten.
Ich habe ihm bestätigt, dass ich nur vom Bankguthaben, der Wohnung und den Aktien weiß und darüber hinaus kein Vermögen vorhanden sei. Er sagte, er verstehe meine Situation voll und ganz und diktierte mir den Satz, den ich an das Finanzamt schreiben sollte, damit der Fall abgeschlossen werden könne. Das hat funktioniert. Ich hab mich recht herzlich bei ihm für seine Unterstützung bedankt. Nach all den Erfahrungen, die ich in diesen 9 Monaten mit den Experten gemacht hatte, war ich sehr beeindruckt. Es war so erfrischend auf jemanden zu treffen, der Ahnung hat und weiß, wovon er spricht.
Meine Gedanken zu dieser Erfahrung
Mir sind viele Fragen durch den Kopf gegangen, als ich Zeit hatte, über das Erlebte nachzudenken.
Warum lasse ich mich von Fachleuten beraten, wenn ich immer nur Teilantworten bekomme, aber nicht alle Information, die ich brauche, um eine Aufgabe zu erfüllen oder ein Problem zu lösen? Dabei sind das Experten, die mit ihrem Fachwissen als Dienstleister Geld verdienen wollen. Du wirst überall zur Kasse gebeten und bekommst dafür nur minimale oder gar falsche Informationen. Das Know-how, um maßgeschneiderte Lösungen zu finden, musst du dir selbst zusammensuchen. Das hätten wir beide, Inge und ich, nicht gedacht.
Nehmen wir zum Beispiel die Notarin. Sie war Auslöserin des ganzen Chaos. Sie hat mir zusätzlich zu der Generalvollmacht das nutzlose Dokument als Testamentsvollstreckerin ausgestellt, wohlwissend, dass hier ein Berliner Testament ohne Änderungsklausel vorliegt. Sie hat das Geld für ein völlig sinnloses Dokument eingesteckt. Ich habe mich bei der Notariatskammer wegen falscher Beratung über sie beschwert. Aber außer dass ich viel Arbeit und Nerven vergeudet habe, ist dabei nichts herausgekommen. Ich hab’s unter Erfahrungen abgehakt.

Dann der Rechtsanwalt, Experte in Auslandserbschaften. Es war gut, dass er mich darauf hingewiesen hat, dass die Generalvollmacht mir alle Türen und Tore öffnen würde. Aber in dem Moment, als ich ihm von der Eigentumswohnung erzählt habe, hätte es bei ihm klingeln müssen. Er hat mir nicht gesagt, dass die Wohnung im Grundbuch auf die Ehefrau eingeschrieben sein müsste, damit ich keinen Erbschein für den Anteil des verstorbenen Ehemannes bräuchte. Dies sollte eigentlich zum Basiswissen eines Fachanwalts für Erbschaften gehören.
Ganz zu schweigen von der Bank, von der ich auch mehr Professionalität erwartet hätte, zumal in einem Land, das sich als fortschrittliche Wirtschaftsmacht versteht.
Ich würde es für meine Freundin wieder machen, aber nun mit einem anderen Wissen. Ich würde nicht mehr so naiv davon ausgehen, dass man zu einem Experten, einem Anwalt, Notar, zur Krankenkasse oder Bank geht und man dort alles erfährt, was man machen muss.
Du musst dich so gut wie möglich im Voraus informieren, im Internet nachlesen, was die Aufgabe beinhaltet und dann mit gezielten Fragen ins Gespräch mit den Experten gehen. Dann kann man einhaken und nachfragen und wird als Gesprächspartner ernst genommen. Du musst dich selbst schlau machen, damit du eine gewisse Chance auf eine gute und zutreffende Beratung hast. Das heißt, du musst selbst zur Expertin werden mit minimaler, aber gesetzlich notwendiger Beteiligung der professionellen Experten.
Du kannst dich nicht wirklich alleine auf die Kompetenz der Experten und deren Willen zu professioneller Beratung verlassen. (MS)
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