Filmproduktion in der Wüste - ein Knochenjob für die Crew
- Dave Lowe
- 5. Juni 2023
- 4 Min. Lesezeit
(IRN/UK) Wenn man im Kino sitzt und einen Film sieht, der an extremen Orten gedreht wurde, hat kaum jemand eine Vorstellung davon, was hinter den Kulissen abläuft und welche Strapazen dies für die Crew, insbesondere für die Techniker der Filmproduktion, bedeuten kann. Bei meiner Arbeit für eine amerikanisch-iranische Filmproduktion im Iran habe ich aus erster Hand erfahren was für ein Knochenjob für die Crew dies sein kann.

Das Filmproduktionsteam war nahe der pakistanischen Grenze stationiert. Unsere Drehorte in der Wüste lagen weit von der Straße entfernt, so dass wir das Cinemobil, für das mein Freund und ich zuständig waren, wegen des Sandes und des unwegsamen Geländes nicht zum Drehort fahren konnten. Die technische Ausrüstung wurde jedoch am Drehort dringend benötigt. Daher luden wir große Reflektorplatten und schwere Klappstative, die wir dafür brauchten, auf kleinere Lastwagen um, fuhren so nah wie möglich heran und trugen sie dann unter der prallen Sonne über die Sanddünen zum Drehort. Das war eine harte, staubige Arbeit und man kann sich vorstellen, wie wir nach einem Drehtag in der Wüste aussahen. Ein Vorteil dieser großen Reflektorplatten war, dass sie für uns, das technische Team, einen effektiven Sonnenschutz darstellten, da es nirgendwo Bäume oder Schatten gab. Es ist erstaunlich, wie viele Leute in der heißesten Zeit des Tages unter eine dieser zwei Quadratmeter großen Platten passen können.
Bevor ich in den Iran kam, dachte ich, alle Wüsten bestünden aus goldenem Sand. Diese Vorstellung von der Wüste war wahrscheinlich durch den Film „Lawrence von Arabien“ geprägt worden. Diese Wüste im Osten des Iran entsprach diesem klassischem Bild in keiner Weise. Stattdessen war der Sand dunkel und mit knöchelhohen, faustgroßen Klumpen schwarzer Lava übersät.
Am Ende jedes Drehtages kehrten wir zu unserer Unterkunft zurück, einem kleinen, trostlosen Lehmziegelbau. Neben diesem Gebäude befanden sich ein Wassertank und zwei einfache Duschkabinen. Es gab immer einen Wettlauf darum, als Erster zurück zu sein. Das hatte einen praktischen Grund. Jeder von uns wollte eine warme Dusche oder zumindest eine Dusche, um Staub und Schweiß des Tages abzuwaschen. Die Sonne hatte tagsüber das Wasser im Wassertank erhitzt, sodass sich die ersten Heimkehrer eine schöne warme Dusche gönnen konnten. Die letzten Ankömmlinge allerdings, bekamen manchmal nur noch den Bodensatz oder, schlimmer noch, gar kein Wasser mehr ab. Wenn der Wassertank einmal leer war, dauerte es Tage, bis er wieder aufgefüllt wurde. Das war dann für uns alle eine harte Zeit.
Auch der Strom floss nur spärlich. Es gab einen kleinen Generator, der gerade genug „Saft“ für ein paar Lampen lieferte, aber für einen Ventilator oder eine Klimaanlage reichte es nicht. So lagen wir Nacht für Nacht schweißüberströmt in unserem heißen, kaum belüfteten Raum, in unseren einfachen Metallbetten unter Moskitonetzen auf dünnen Schaumstoffmatratzen. Aber dafür wurden wir durch ein Naturschauspiel entschädigt. In der Wüste gibt es keine Lichtverschmutzung und der Blick in den Sternenhimmel ist daher atemberaubend, vor allem bei Vollmond. Man fühlt sich den Sternen so nah, dass man das Gefühl hat, man müsse nur die Hand ausstrecken, um Mond und Sterne zu berühren. Eine wunderbare, fast mystische Erfahrung!
Wir haben auch mit den Baluchi-Stammesangehörigen zusammengearbeitet. Sie waren als Statisten für den Film engagiert worden, da sie großartige Reiter waren. Sie kampierten in der Nähe unter dem Sternenhimmel, zusammen mit ihren Pferden und weit weg von unserem iranischen Geheimpolizisten. Es waren furchterregende Männer, die für ihre Schmuggelkünste bekannt waren. Ich erinnere mich an eine Geschichte, die man mir einmal über sie erzählt hat. Wie wahr sie ist, kann ich nicht sagen.
Das Militär schickte manchmal Soldaten, um die Baluchi-Stammesangehörigen unter Kontrolle zu bringen. Bei dieser Gelegenheit, so die Erzählung, hätten die Baluchis den kommandierenden Offizier der Soldaten gefangen genommen, ihn an eine Tür gekreuzigt, ihm die Männlichkeit abgeschnitten und sie ihm in den Rachen geschoben. Es soll lange gedauert haben, bis wieder eine Einheit von Soldaten zu den Baluchis geschickt worden sei.
Ich verstand mich gut mit den Baluchis und sie luden mich abends oft in ihr Lager ein. Sie rauchten Opium am Lagerfeuer, und als ich an der Ruhr litt, boten sie mir eine Pfeife an, um meine Krämpfe zu lindern. Ich muss sagen, es hat tatsächlich funktioniert.
Meine Ruhr-Erkrankung und der Mangel an Trinkwasser zehrten mich buchstäblich körperlich aus. Ich war ständig durstig. Leider war die Versorgung der Besatzung mit Trinkwasser, insbesondere für mich in meinem Zustand, nicht ausreichend gewährleistet.
Es wurden zwar große Eisbrocken auf der Ladefläche eines Lastwagens zu dem Caterer an unserem Einsatzort transportiert, aber dieses Eis war nicht abgedeckt und daher voller Staub und Sand. Ich brauchte aufgrund meiner Erkrankung viel Flüssigkeit und der von den Caterern bereitgestellte Tee löschte meinen Durst nicht. Ich sah nur eine Möglichkeit an ausreichend Flüssigkeit zu kommen: Ich musste den Block aufbrechen, um sauberes Eis zu finden und es in einem Becher schmelzen zu lassen, um so meinen Durst zu löschen. Das war natürlich kontraproduktiv für meine Ruhr-Erkrankung. Aber ich war so dehydriert, dass ich das Eiswasser trinken musste, was mein Problem natürlich noch verschlimmerte.
Erst viel später, als ich längst wieder in England war, erfuhr ich, dass einer der Produktionsleiter damit beauftragt gewesen war, die Crew mit Erfrischungsgetränken wie z. B. Coca-Cola zu versorgen. Dieser Produktionsleiter hat sich das Geld in die eigene Tasche gesteckt und ich würde ihn gerne einmal kennen lernen.
Der Mangel an sauberem Wasser war für den Heilungsprozess nach meiner Operation im Krankenhaus von Bam sicherlich nicht förderlich. Die Wunde füllte sich immer wieder mit Eiter und ich musste sie häufig durch Zusammendrücken entleeren.
Auch kollabierte ich einige Male am Drehort und musste dann von meinen Kollegen in den Schatten einer Reflektorplatte getragen werden.
Als die Produktionsfirma wieder einmal ein Cashflow-Problem hatte und die Crew nicht bezahlen konnte, fuhren wir zurück nach Teheran. Da beschloss ich, den Film zu verlassen und ins Vereinigte Königreich zurückzukehren, sobald wir Teheran erreicht hatten. Ich fürchtete nun ernsthaft um meine Gesundheit.
Zurück im Vereinigten Königreich ging ich sofort zu meinem Arzt, um mich untersuchen zu lassen. Die Ergebnisse der Tests zeigten, dass ich an Amöbenruhr erkrankt war und dass ich mich unbedingt ausruhen musste, um mich vollständig zu erholen.
Leider hielt die amerikanisch-iranische Koproduktion auch nicht mehr lange durch und die Arbeit wurde eingestellt, ohne dass der Film fertiggestellt worden wäre. Man schuldet mir immer noch etwa 2000 Pfund.
OK, arm an Geld, aber reich an Erfahrungen und Geschichten wie dieser - und ich habe überlebt. (DL)



